Die Generation Y – eine Führungsherausforderung?

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Wie schaffe ich es eigentlich, als Mitglied der Generation Y, mich im Rahmen des demographischen Wandels in der Arbeitswelt zurechtzufinden?

Auf der einen Seite hat der Fachkräftemangel, der ja unweigerlich mit der alternden Arbeitswelt zusammenhängt, natürlich den Vorteil, dass meine Generation sich keine Sorgen um gute Stellen machen muss. Natürlich sofern man gut ausgebildet ist. Auf der anderen Seite aber steht uns eine fast schon übermächtige Generation von erfahrenen Fach- und Führungskräften gegenüber, denen wir in vielen Fällen in Form unserer Vorgesetzten begegnen.

 

Generationenkonflikte aus Sicht meiner Generation – der Generation Y

Über Generationenkonflikte und die Unterschiede zwischen den einzelnen Generationen wurde bereits zahlreiche Literatur veröffentlicht. Aber was heißt das alles übertragen auf den Arbeitsalltag? Wie ist es eigentlich für meine Generation, wenn wir mit unseren Idealen, Werten und Lebensplanungen nicht in das Schema von älteren Führungskräften passen?

In einer Gesellschaft wie der deutschen, die auf das Leistungsprinzip getrimmt ist, ist uns seit dem Kindergarten antrainiert worden, selbstgesteuert und zielorientiert zu arbeiten. Wir haben ein hohes Maß an Selbststeuerung vermittelt und die Kompetenz beigebracht bekommen, Probleme selbstständig zu lösen. In diesem Kontext und in einer Zeit, in der es auf Kreativität und Leistungsfähigkeit ankommt, wirkt es beispielsweise geradezu anachronistisch, wenn man als Wissensarbeiter an starre Arbeitszeiten gebunden wird, sofern diese nicht unabdingbar sind. Häufig fällt es jedoch gerade den älteren Kollegen und Führungskräften schwer zu glauben, dass zu Hause (oder in einem Café) genauso gut und effizient gearbeitet werden kann, wie am althergebrachten Schreibtisch im Büro unter den Augen und der Kontrolle der Führungskraft. Letztendlich bestimmt nicht die abgeleistete Zeit im Büro über die Effektivität eines Wissensarbeiters, sondern es sind allein die Lösungen, die er produziert – egal wo.

Gerade Wissensarbeiter brauchen Abwechslung. Analog der im Sport angewendeten Trainingslehre sind Menschen dann maximal wirksam, wenn intensive Arbeitsphasen und ruhige Entspannungsphasen einander abwechseln. Und dieses Wissen hat meine Generation intuitiv verinnerlicht. Wir haben bei der Generation unserer Eltern beobachten können, wie meist die Väter sich durch Pflicht-Anwesenheit im Büro fast völlig aus dem Familienalltag rausziehen mussten. Und genauso erleben wir jetzt, wie sie der verpassten Zeit nachtrauern und manchmal sogar die neuen Väter beneiden, die dank immer besserer Work-Life-Balance Konzepte sich die Zeit mit ihrer Familie nehmen können. Genauso haben wir erlebt, wie in unserer Elterngeneration zu wenig auf die eigene Gesundheit geachtet wurde oder die eigenen Interessen immer hinter der Arbeit anstehen mussten.

Ja, Arbeit ist auch für mich und meine Generation wichtig. Das große Aber lautet: Nicht zu jedem Preis.

So wie jede Generation vor uns Ziele und Wünsche hatte und hat, ist auch meine Generation von Zielen und Wünschen geleitet. Diese gestalten sich schon allein durch die Zeit, in der wir aufgewachsen sind, anders, als die der vorherigen Generationen. Wir haben keinen direkten Krieg erleben müssen, haben keine großen wirtschaftlichen Unsicherheiten erlebt, und sind stattdessen mit dem Internet und den Möglichkeiten der einfachen weltweiten Kommunikation groß geworden. Wir sind sozial stark vernetzt und können dabei sehr wohl zwischen Facebook-Freunden, Xing-Gruppen und der besten Freundin unterscheiden. Für meine Generation ist Wissen etwas, das transparent und für jeden verfügbar sein sollte. Wissen als Macht einzusetzen, wie es für einige Führungskräfte noch immer gang und gäbe ist, passt nicht zu unseren Wertvorstellungen. Denn nur wenn Wissen geteilt und in Netzwerken genutzt wird, können neue Ideen entstehen. Wissen zu teilen kann tatsächlich lohnenswerter sein, als Geld oder andere materielle Anreize. Denken Sie nur an das Prinzip von Wikipedia.

Und uns geht es tatsächlich weniger um „das große Geld“ oder „das dicke Auto vor der Tür“. Wichtiger ist es, dass eine Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet und das Gefühl entsteht, dass Partizipation gelebt und gefördert wird. Diese Einstellung wird auch in der Forschung bestätigt: „Als wichtiger Motivationstreiber der Generation Y gilt die Möglichkeit, berufliches Schaffen mit individuellem Lebenssinn zu verknüpfen, dabei bleibende, auch kollektive Werte zu erzeugen und vielleicht sogar die Welt ein bisschen besser zu machen“ (Keese 2014).

Was lässt sich daraus ganz konkret für den Führungsalltag ableiten?

  • Regelmäßiges, entwicklungsförderndes Feedback

Meine Generation ist es gewohnt, nicht nur in den sozialen Medien direkte Rückmeldungen zu bekommen. Jährliche Mitarbeitergespräche oder Führungskräfte, die kaum ansprechbar sind, vermitteln eher das Gefühl einer geringen Wertschätzung. Besser ist es, direkte Rückmeldungen zu geben und als Führungskraft vor allem auf Kommunikation zu setzen

  • Eine ausgeglichene Balance zwischen beruflichen Anstrengungen und privaten Interessen

Wir sind bereit, unser komplettes Wissen, unsere Arbeitskraft und unseren Fokus auf herausfordernde und sinnstiftende Arbeitsaufgaben zu konzentrieren. Genauso, wie wir im Interesse der Arbeit bereit sind, alles zu geben, sollte aber auch unser Arbeitgeber oder unsere Führungskraft uns die Möglichkeit bieten, einen Ausgleich neben der Arbeit verfolgen zu können. Das ist letztendlich nicht nur gut für jeden persönlich, sondern auch für den Arbeitgeber, der so die richtige Balance zwischen Anspannung und Entspannung sorgen kann. Denn nur so bleiben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf lange Sicht gesund.

  • Die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung

Das Prinzip des lebenslangen Lernens hat meine Generation bereits verinnerlicht. Wir begegnen technischen Neuerungen mit einer aufgeschlossenen Neugierde und der Bereitschaft, ihren Nutzen zu erkunden. Aber nicht nur technische Neuerungen sondern gerade auch herausfordernde Arbeitssituationen wecken den Ehrgeiz, über eine „Trial-and-Error“ Mentalität dazuzulernen und sich so auch persönlich weiter zu entwickeln.

  • Einflussnahme und Partizipation

Meine Generation möchte gestalten. Sowohl im privaten, als auch im beruflichen Kontext. Durch das Schaffen von Partizipationsmöglichkeiten, sei es bei strategischen Entscheidungen oder bei der Einführung von neuen Systemen, wünschen wir uns, dass unsere Stimme gehört wird. Das führt letztendlich zu einer ungleich höheren Motivation und Bindung, die wiederum für jeden Arbeitgeber von Vorteil ist.

Auch wenn dies nur ein kleiner Einblick in die Köpfe der Generation Y ist, und eine knappe Antwort darauf, wie man als Führungskraft mit meiner Generation umgehen kann, so ist eine gesunde Portion Offenheit und Neugierde sicherlich eine gute Strategie, um Situationen, die mancherorts Unverständnis auslösen, begegnen zu können. Letztendlich hilft häufig ein klärendes Gespräch, um das Verständnis auf beiden Seiten zu fördern.

Über den Autor

Prof. Dr. Magdalena Bathen-Gabriel

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