Vereinbarkeit Beruf und Familie – Erfahrungen von Vätern

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Welchen Blick haben Männer auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Welche Erfahrungen machen „aktive Väter“? Lesen Sie drei Erfahrungsberichte!

Doktorand, Elternzeit in 2017

Pixabay-Lizenz (c) Gordon Johnson

Rahmenbedingungen

Wie war Ihre berufliche und familiäre Situation, als Sie Ihre Familienzeit gestaltet haben? Wie lange war die Elternzeitphase? Haben Sie Elterngeld bezogen? Eventuell in Teilzeit gearbeitet? Welche Familienaufgaben haben Sie konkret übernommen?

Ich hatte eine Doktorandenstelle, als meine Freundin schwanger wurde. Sie ist ebenfalls Ingenieurin und es war für sie ganz klar, dass sie ein Jahr nach der Geburt wieder in ihren Beruf zurückkehren wollte. Dieses erste Lebensjahr wollten wir zwei mit unserem Familienzuwachs daher besonders genießen. Ich vereinbarte mit meinem Professor drei Monate Elternzeit. Meine Freundin hat die ersten Monate Elternzeit übernommen, um entspannt stillen zu können. Meine Elternzeit sollte ihr dann die Rückkehr in die Arbeitswelt erleichtern.

Ich gehöre zu den Männern, die auch im Haushalt anpacken – das ist für mich immer selbstverständlich, wenn beide Vollzeit arbeiten. Während unserer Elternzeit hat sich das nicht wirklich geändert. Wir haben unseren Sohn beide gewickelt. Nur beim Stillen war ich keine große Hilfe (lacht), aber ich kann dafür sehr gut kochen.

Beweggründe, Vorbilder und Reaktionen

Was war Ihnen persönlich wichtig, sich für Familie zu engagieren? Hatten Sie vorher Erfahrungen gemacht, dass andere Väter in Elternzeit gingen? Und wie haben andere auf Ihre „Familienzeit“ reagiert?

Ja klar, war es mir sehr wichtig, mich für meine Freundin und unser gemeinsames Kind zu engagieren. Es war eine totale Umstellung; und wir mussten uns nach seiner Geburt erstmal neu sortieren. Dafür war die Elternzeit Gold wert.

Ich arbeite an einem sehr familienfreundlichen Institut. Solche kurzen Elternzeiten hatten bei uns schon andere Doktorandinnen und Doktoranden genommen – das war gar kein Problem. In den ersten Lebensmonaten meines Sohnes konnte ich viel im Homeoffice arbeiten, so dass ich für meine kleine Familie da war. Auch während meiner Elternzeit stand ich im engen Kontakt zu meinen Kollegen und dem Gruppenleiter, so dass ich weiterhin in unsere Forschung involviert war. Das ist bei uns so üblich.

Nachteile, Schwierigkeiten

Mit welchen Schwierigkeiten mussten Sie umgehen? Welche Nachteile oder Einschränkungen haben Sie erlebt?

Ich selbst habe viel Glück gehabt. Ich kann eigentlich nicht sagen, dass ich irgendwelche Nachteile durch die Elternzeit erlebt habe. Ich war allerdings auch immer für die Arbeit verfügbar, wenn ich gebraucht wurde. Das wussten der Professor und meine Kollegen zu schätzen. Da wir finanziell ganz gut aufgestellt sind, hatten wir mit dem lieben Geld auch keine Probleme. Freunde und Bekannte haben da ganz andere Geschichten erzählt.

Positive Erlebnisse

Was war schön an Ihrer Familienzeit? Was würden Sie auf keinen Fall vermissen wollen?

Wir konnten uns die Zeit nehmen, unseren Sohn kennenzulernen und uns selbst auf die neuen Lebensumstände einzustellen. Das hat das Elternwerden sehr erleichtert. Und es war zwar eine sehr anstrengende Zeit, weil wir oft nicht richtig schlafen konnten, aber auch eine sehr schöne! Beim zweiten Kind wollen wir es, wenn möglich, genauso handhaben.

Wünsche für die Zukunft

Was wünschen Sie sich – von der Gesellschaft, von Arbeitgebern, von anderen Männern oder von Frauen -, damit für Männer Familie und Beruf besser vereinbar werden?

Ich wünsche anderen Vätern genauso familienfreundliche Arbeitgeber, die einem einen flexiblen Freiraum lassen, um einen guten Start in das Abenteuer Vaterschaft zu haben.

Diplom-Mathematiker, Familienphase ab 1989

(c) Hubert Wöffen, Bornheim

Rahmenbedingungen

Wie war Ihre berufliche und familiäre Situation, als Sie Ihre Familienzeit gestaltet haben? Wie lange war die Elternzeitphase? Haben Sie Elterngeld bezogen? Eventuell in Teilzeit gearbeitet? Welche Familienaufgaben haben Sie konkret übernommen?

Ich bin Diplom-Mathematiker, war bei einer Software-Firma angestellt und arbeitete in einem Projekt in einer Chemie-Firma, als unser Sohn 1989 geboren wurde. Meine Partnerin nahm das Jahr Elternzeit, das es damals gab. Von Anfang an habe ich mich an allem beteiligt, vom Wickeln bis zum In-den-Schlaf-singen. Für das zweite Jahr unseres Sohnes habe ich mit der Firma unbezahlten Urlaub vereinbart. So konnte ich ihn betreuen, als meine Partnerin wieder arbeitete. Dafür habe ich immerhin Rentenansprüche erworben. Kurz vor der Geburt unserer Tochter 1992 hatte ich eine Teilzeitstelle angenommen, die noch befristet war, als sich meine Partnerin 1993 selbständig machte – und ich sage es mal so: die Zeit war spannend.

Beweggründe, Vorbilder und Reaktionen

Was war Ihnen persönlich wichtig, sich für Familie zu engagieren? Hatten Sie vorher Erfahrungen gemacht, dass andere Väter in Elternzeit gingen? Und wie haben andere auf Ihre „Familienzeit“ reagiert?

Ich war das sechste Kind von acht. Es war nicht alles rosig, aber es hatte etwas von einem warmen Nest, wo Nähe, Vertrautheit und Geborgenheit waren. Das wollte ich unseren Kindern auch geben, sie sollten es ‚gut‘ haben. Nicht zuletzt gab es Anregungen aus der Studentenzeit, wo Freunde bereits ein neues Modell von Familie lebten, raus aus den eingefahrenen Gleisen, hin zu einer freieren, entspannteren Zukunft.

Mein älterer Bruder hatte die Rolle des Hausmannes übernommen, dafür sein Studium abgebrochen. Die Kausalität kann bei ihm auch umgekehrt gewesen sein. Die Frauen reagierten positiv auf meine Familienzeit, Männer deutlich reservierter. Bei den Frauen hatte ich ein Gesprächsthema mehr, bei den Männern eins weniger …

Nachteile, Schwierigkeiten

Mit welchen Schwierigkeiten mussten Sie umgehen? Welche Nachteile oder Einschränkungen haben Sie erlebt?

Die Bedingungen für meine unterbrochene Anstellung hatten sich 1991 so geändert, dass ich für Aufgaben in der Familie ausgefallen wäre. Ich entschied mich für die Familie. So suchte ich dann eine Teilzeitstelle in der IT, was damals eine Lachnummer war. Die Diskussion um „Kinder und Karriere“ hatte gerade erst begonnen. Ergebnis damals: „Kinder und keine Karriere“. Ich fand eine befristete Teilzeitstelle, die einmal verlängert wurde, dann auf der Basis von ‚freier‘ Mitarbeit weiterging und schließlich doch fast 20 Jahre währte.

Es gab Nachteile subtiler Natur: als ‚tatsächlich praktizierender‘ Vater gehörte ich nicht richtig dazu, weder zu den Männern, noch zu den Frauen. Das macht etwas mit dir…

Positive Erlebnisse

Was war schön an Ihrer Familienzeit? Was würden Sie auf keinen Fall vermissen wollen?

Als Vater sich ganz auf die Kinder einzulassen hat etwas Bezauberndes. In den Spielen, Liedern und Geschichten wird eine ganze wunderbare Welt wieder lebendig, auf die ich mich gerne erneut eingelassen habe. Wo ich wieder Kind sein und gleichzeitig an ihrer Entwicklung teilnehmen konnte. Wo ich einfach spielen und singen konnte, Geschichten erzählen, Nähe spüren, Nähe geben.

Wünsche für die Zukunft

Was wünschen Sie sich – von der Gesellschaft, von Arbeitgebern, von anderen Männern oder von Frauen -, damit für Männer Familie und Beruf besser vereinbar werden?

Damals hätte ich mir eine Elternschulung gewünscht, um mit einer größeren Sicherheit in die Vaterrolle zu gehen. Heute wäre mir eine Förderung in „emotionaler Intelligenz“ wichtig, die als Basis eine Haltung des „ich bin ok und du bist ok“ vermittelt und Methoden an die Hand gibt, um mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen umzugehen, für alle Menschen, besonders für Mütter und Väter. Kinder brauchen nur in dem bestärkt werden, was sie eigentlich schon können.

Ein Netzwerk für Väter wäre toll, wo sie Gleichgesinnte finden, um sich mit ihnen über die ‚kleinen‘ Nickeligkeiten des Alltags austauschen zu können. Ich glaubte damals zu oft, ich müsste allein damit fertig werden.

Dozent für Anglistik

Ph. D. Fergal Treanor
(c) Fergal Treanor, M.A.Ed

Rahmenbedingungen

How was your situation professionally and familywise when you took your paternityleave?  How long was your leave? Did you receive financial support, i.e. „Elterngeld“? Did you work part time? Which familychores did you take over?

I was (and still am) on a permanent contract as LfbA at the University of Wuppertal. I received Elterngeld for the first ten months (shared with my wife). During my leave, I have been primary parent and householder, completing ca. 70% of all household chores, communication with the school, supervising homework, doing stuff with kids, etc.

Beweggründe, Vorbilder und Reaktionen

What was the main reason for your paternityleave? Were there other fathers, who acted as role models for you? How did others react to your paternity leave?

Reason: Spending time with the kids, being a homemaking person in a grownup relationship. This was my personal choice. I wanted to have this time in my life. I enjoy the roles described above. If society were organised differently, with no pressure on men to be professionally active, there is a high chance that I would have chosen to spend my life in this role. Other fathers – not so much – I saw other fathers taking long leave, but they didn’t influence me. Everyone was very positive about my taking leave. Some saw the choice as heroic / a sacrifice, but I disagree – I was only doing what I wanted to do. 

Nachteile, Schwierigkeiten

Did you experience any difficulties or disadvantages?

No.

Positive Erlebnisse

What was the best part of your paternity leave? Are there things you wouldn’t want to miss?

  • Being with the kids.
  • Being able to support my wife in her professional development
  • „Making a point“ about how an ideal world should work.
  • But mainly it was all about being with the kids. All the rest is secondary.

 

Wünsche für die Zukunft

What do you wish for – considering politics, employers, other men or women – to be able to better combine work- and familylife?

A great opening of minds and a form of „Men’s movement“. I don’t mean the kind of anti-feminist reactionary stuff, quite the opposite. There should be a movement which aims to emancipate men from the obligation to „be a man“ in society, a movement which aims to take away men’s fear of being thought of as weak or ineffective if they choose a home-based life.  

A side effect of such a movement would be to make possible an honest critique of modern capitalism, without the „anti-feminist“ bytaste – why should two incomes be needed to keep a family and a home? Why not have alternating roles for two parents, e.g. in five-year stages? How about two 50% jobs (although part-time jobs are a tricky time trap, because many jobs are not suited for part-time work). 

Wir bedanken uns herzlich bei unseren drei Interviewpartnern für Ihre Berichte!

Über den Autor

Sabine Neugebauer

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